am 25. November 2021
Erfurt, 25.11.2021
Thüringer Krankenhäuser fordern sofortigen neuen Rettungsschirm
Digitales Thüringer Krankenhausforum diskutiert Erwartungen an die künftige Bundesregierung – Regionale Versorgungsnetzwerke rund um Kliniken weiter ausbauen
Auf dem 7. Thüringer Krankenhausforum, das coronabedingt als digitale Konferenz stattfand, haben die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen (LKHG), die Thüringer
Gesundheitsministerin Heike Werner (Die Linke) und die gesundheitspolitischen Sprecher im Landtag der Linken, der CDU, SPD und FDP die aktuellen Entwicklungen der Gesundheitsversorgung im Land und
ihre Erwartungen an die kommende Bundesregierung diskutiert. Mit Blick auf die sich erneut zuspitzende Pandemiesituation forderte die LKHG eine schnelle finanzielle Absicherung der Krankenhäuser in
Form eines weiteren Rettungsschirms. Außerdem habe die Corona-Pandemie deutlich gezeigt, dass eine flächendeckende Struktur aus großen und kleinen Kliniken als Zentren regionaler Gesundheitsnetzwerke
unverzichtbar für eine sichere Versorgungsituation ist und weiter ausgebaut werden muss.
Die Vorsitzende der LKHG, Dr. Gundula Werner, und Geschäftsführer Rainer Poniewaß machten deutlich, dass die Thüringer Krankenhäuser angesichts der sich erneut
zuspitzenden Lage auch für das Jahr 2022 eine wirtschaftliche Absicherung in Form eines Rettungsschirms brauchen. „Noch geht die Krankenhausfinanzierung für 2022 grundsätzlich vom Regelbetrieb aus“,
so Dr. Gundula Werner. „Derzeit sieht es in unseren Krankenhäusern aber keinesfalls nach Regelbetrieb aus.“ Im Regelbetrieb würden nur erbrachte Leistungen, etwa Operationen, vergütet, nicht aber die
Freihaltung von Betten, Geräten und Personal. Dies sei wieder zwingend erforderlich, da das Personal verstärkt auf den Intensiv- und COVID-Stationen benötigt werde und deswegen andere Behandlungen
abgesagt oder verschoben werden müssten.
Inzwischen hat das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Krankenhäuser offiziell aufgefordert, ab sofort alle verschiebbaren
Aufnahmen, Behandlungen und Eingriffe zurückzustellen, sofern dies für die Versorgung von COVID-19-Erkrankten nötig ist. LKHG-Vorsitzende Dr. Werner: „Die Politik muss jetzt die Beschlüsse der
Gesundheitsministerkonferenz zügig umsetzen, damit die Krankenhäuser aufgrund von coronabedingten Einbußen nicht in eine wirtschaftliche Schieflage geraten und dadurch die medizinische Versorgung in
Gefahr ist. Wir erwarten vom Bund und vom Land schnellstmöglich unbürokratische liquiditätssichernde Maßnahmen für die Krankenhäuser.“
Die Vortragenden und Teilnehmenden des Krankenhausforums waren sich einig, dass sich die Thüringer Krankenhäuser in der Corona-Pandemie als verlässliche Versorger und
unverzichtbare Stütze der Gesundheitsversorgung bewährt haben. „Unsere Krankenhäuser haben die zurückliegenden drei Wellen der Pandemie mit professioneller Arbeit und durch einen steten Austausch in
ihren Netzwerken gut gemeistert“, betonte Dr. Gundula Werner. „Dafür gilt besonders den Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern sowie allen anderen Beschäftigten in den Kliniken unser
ausdrücklicher und herzlicher Dank!“ Die vierte Welle sei für die Kliniken nun nochmals deutlich anspruchsvoller. Die Politik müsse daher alles tun, diese Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu
stärken. Denn dies sei lebensnotwendig für die sichere Versorgung der Bevölkerung im weiteren Verlauf der Pandemie und im Hinblick auf künftige Herausforderungen.
Krankenhäusern als Koordinatoren der ambulanten und stationären Versorgung insbesondere im ländlichen Raum kommt eine immer größere Bedeutung zu – das ist eine der
Lehren aus der Pandemie aus Sicht der LKHG. Die im Thüringer Krankenhausplan definierte dezentrale, gestufte Krankenhausstruktur habe sich bewährt; mit einem engmaschigen Netz an wohnortnaher und
intensivmedizinischer Versorgung sei Thüringen bisher gut durch die Krise gekommen. Diese Strukturen sollten deshalb die Grundlage für die künftige Krankenhausplanung bilden.
Wichtig bei der Weiterentwicklung ist nach Meinung der LKHG, rund um Krankenhäuser regionale Netzwerke der ambulanten und stationären Versorgung auszubauen und
hierfür die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen. In diesen Netzwerken kooperieren Krankenhäuser, Arzt- und Therapiepraxen sowie weitere Gesundheitseinrichtungen eng miteinander; die
Versorgungszuständigkeiten innerhalb der Netzwerke können hierbei am besten gemeinschaftlich und eigenverantwortlich durch die Krankenhäuser vor Ort organisiert werden. Erforderlich sind für die LKHG
Thüringen außerdem eine gesicherte Finanzierung von Krankenhausinvestitionen ebenso wie ein deutlicher Bürokratieabbau zur Entlastung der Kliniken. Die neue Regierung müsse dafür nun die richtigen
Weichen stellen und Krankenhäuser künftig als Koordinatoren von ambulanter und stationärer Versorgung stärker in den Mittelpunkt der regionalen Gesundheitsversorgung stellen.
Auf dem 7. Thüringer Krankenhausforum referierten außerdem Birgit Dziuk, Geschäftsführerin der Landesvertretung der Barmer in Thüringen, und Thomas Lemke, Vizepräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, über die Gesundheitspolitik in Zeiten von Pandemie und Reformen. Jeweils aus Sicht der Krankenkassen und der Krankenhäuser formulierten sie die Herausforderungen und den Handlungsbedarf für die neue Legislaturperiode. An der abschließenden Podiumsdiskussion beteiligten sich die gesundheitspolitischen Sprecher im Thüringer Landtag Ralf Plötner (Die Linke), Christoph Zippel (CDU), Dr. Thomas Hartung (SPD) und Robert-Martin Montag (FDP).